„Kriminalität verstehen, Demokratie erleben“
Wiederholter Erfolg des Workshop-Projekts „Wir sind hier!“ – Politische Bildung für junge Menschen im Strafvollzug
Laufen – Vom 15. November bis zum 1. Dezember 2024 fand in der Justizvollzugsanstalt Laufen/Lebenau wieder ein politischer Bildungsworkshop der mit dem Titel „Wir sind hier!“ statt. Unter der Leitung von Sozialarbeiter Andreas Lindner hatten acht junge Menschen die Gelegenheit, an insgesamt sieben Kurstagen demokratische Werte und Methoden praktisch zu erleben und zu erlernen.
Das Ziel des Workshops war es, den Jugendlichen Politik nahezubringen und sie mit demokratischen Prinzipien vertraut zu machen. Durch Methoden wie Selbstbestimmung, Meinungsbildung, geheime Wahlen, faire Debatten und das Akzeptieren anderer Meinungen sollten nicht nur Wissen, sondern auch Werte vermittelt werden.
Der Workshop beginnt immer mit einem Grundlagenblock, der sich mit Wert- und Moralvorstellungen sowie deren geschichtlicher Entwicklung bis heute auseinandersetzt. Menschenrechte und die davon abgeleiteten Grundrechte in Deutschland bildeten den theoretischen Ausgangspunkt. Anschließend hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, in einem geheimen Wahlverfahren ein gesellschaftlich relevantes Thema auszuwählen, das sie in den folgenden Kurstagen dann vertieften. Die Wahl fiel auf das Thema: „Kriminalität in der Gesellschaft und ihre politischen Konsequenzen“ – eine Entscheidung, die den Jugendlichen ermöglichte, sich auch selbst als gesellschaftlich relevant handelnde Subjekte zu reflektieren.
Ein besonderer Höhepunkt des Workshops war eine geplante und moderierte politische Debatte zum Thema „Todesstrafe für Schwerstverbrecher?“. Die Jugendlichen wurden in Pround Kontra-Gruppen aufgeteilt und konnten ihre Argumente wie in einem Debattierclub vorbereiten. Die Diskussion war spannend und förderte nicht nur die Argumentationsfähigkeit, sondern auch die kritische Auseinandersetzung mit Menschenrechten und Kriminalstatistiken.
Das abschließende Ergebnis bildete das Interview-Projekt, das die Gruppe selbst initiierte. Sie führten Interviews mit allen Teilnehmenden durch, um das Thema Kriminalität aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Dabei entstanden tiefgründige und bewegende Aussagen. Dabei entstanden tiefgründige und bewegende Aussagen. Hier das Interview im Folgenden:
Stimmen der Teilnehmenden
Frage 1: Was bedeutet für dich Kriminalität und wie hast du dieses Thema selbst erlebt?
Teilnehmer 1: „Kriminalität ist für mich alles, was gegen Gesetze verstößt, egal ob Mord oder kleiner Diebstahl. Ich habe es selbst vor allem hier in der JVA beobachtet.“
Teilnehmer 4: „Kriminalität sind Handlungen, die gegen das Strafgesetzbuch verstoßen. Ich habe sie selbst erlebt und auch in meiner Familie beobachtet.“
Frage 2: Warum werden Menschen kriminell? Was ist aus deiner Sicht die größte Ursache?
Teilnehmer 3: „Oft sind es Armut oder der Wunsch nach einem Adrenalinkick. Manchmal ist es auch der Einfluss von Freunden.“
Teilnehmer 8: „Armut, Vernachlässigung, schlechte Vorbilder und soziale Brennpunkte sind zentrale Ursachen. Für mich ist Armut der wichtigste Grund.“
Frage 3: Welche Folgen hat Kriminalität für die Gesellschaft und die Wirtschaft?
Teilnehmer 1: „Kriminalität kostet die Gesellschaft enorm viel Geld, zum Beispiel für Polizei und Justiz. Sie verursacht auch Angst und Unsicherheit.“
Teilnehmer 7: „Es gibt direkte Schäden, wie zerstörte Scheiben oder Einbrüche, aber auch langfristige Folgen, wie das Vertrauen, das Menschen in ihre Nachbarn verlieren.“
Frage 4: Was denkst du, sollte die Politik tun, um Kriminalität besser zu bekämpfen?
Teilnehmer 5: „Mehr Jugendzentren und Angebote für Jugendliche in Brennpunkten wären sinnvoll. Das hilft, dumme Gedanken zu vermeiden.“*
Teilnehmer 8: „Mehr Resozialisierung statt Strafen. Im Knast ist man nur von Kriminellen umgeben, das führt oft zu noch mehr Problemen.
Frage 5: Wie hat dir der Workshop geholfen, deine Sicht auf das Thema zu verändern?
Teilnehmer 6: „Früher habe ich mich nicht für Politik interessiert. Jetzt sehe ich, wie stark sie unser Leben beeinflusst. Selbst Kriminalität ist oft mit Politik verbunden.“*
Teilnehmer 4: „Ich habe gelernt, die Folgen von Kriminalität aus der Perspektive anderer Menschen zu sehen.“
Frage 6: Welche Botschaft würdest du anderen jungen Menschen geben, die in schwierigen
Situationen sind?
Teilnehmer 8: „Baut keinen Mist. Redet mit vertrauten Personen über Probleme. Mit Kriminalität kommt man nicht weit.“*
Teilnehmer 5: „Hört auf eure Mütter.“
Frage 7: Wo siehst du dich in fünf oder zehn Jahren? Was möchtest du an dir oder der
Gesellschaft verändern?
Teilnehmer 6: „Ich möchte nach Dubai ziehen, dort leben und arbeiten. Außerdem möchte ich die beste Version von mir selbst werden.“*
Teilnehmer 8: „Ich will eine Ausbildung als Koch machen und meine Familie stolz machen. Mein Ziel ist es, ein legales Leben zu führen.“*
Die Rückmeldungen der Jugendlichen waren durchweg positiv.
Im anonymen Feedback wünschten sich mehr als die Hälfte der Teilnehmer, dass der Workshop länger dauern sollte und noch mehr gesellschaftliche Themen behandelt werden. Ihre Motivation und zuverlässige Teilnahme an allen Kurstagen trotz Freiwilligkeit, zeigten deutlich, wie sehr sie von diesem
Bildungsangebot profitierten.
Aufgrund des wiederholten Erfolgs des Projekts plant die Volkshochschule Rupertiwinkel in Zusammenarbeit der Kommunalen Jugendpflege des Landratsamtes Berchtesgadener Land für das Jahr 2025 wieder zwei Workshops dieser Art in und der JVA Laufen/Lebenau Der Workshop „Wir sind hier!“ hat gezeigt, wie politische Bildung jungen Menschen helfen kann, sich ihrer Rolle in der Gesellschaft bewusst zu werden und demokratische Werte zu
verinnerlichen. Dieses Projekt ist ein Beispiel dafür, wie Bildung Brücken bauen und Perspektiven verändern kann.
Pressemitteilung zum VHS-Workshop „Wir sind hier – Demokratische Teilhabe“ In der JVA Laufen Lebenau im November/Dezember 2024
Verfasst: Andreas Lindner – 08.12.2024